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Nationalratswahl 2017: Wehrpolitik-Fragen an die Spitzenkandidaten

Spitzenkandidaten KopieAm 15. Oktober 2017 wird der österreichische Nationalrat gewählt. Ein essentieller Bereich für jeden unabhängigen Staat ist die Sicherheits-, Wehr- und Verteidigungspolitik. Und gerade hier hat sich seit der letzten Nationalratswahl vieles verändert. Damit auch die Plattform allen Interessenten eines wehrhaften Österreichs eine Entscheidungsgrundlage für ihre Wahl bieten kann, wurden die Spitzenkandidaten der größten Parlamentsfraktionen ersucht, zu drei ausgewählten Themen ihre Stellungnahme abzugeben. Diese Fragen wurden gleichlautend an Mag. Christian Kern (SPÖ), Sebastian Kurz (ÖVP), Heinz-Christian Strache (FPÖ), Mag. Ulrike Lunacek (die Grünen) und Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS) versandt. Durch ihre Antworten soll sowohl eine Übersicht, als auch eine Vergleichsmöglichkeit der Ansichten jener Spitzenkandidaten zu wehrpolitisch relevanten Themen ermöglicht werden.

Fragen an die Spitzenkandidaten

Frage 1: Ungerechtfertigte, aus der Tagespolitik heraus motivierte Kampagnen gegen das Image des Bundesheers führen oft zu weitverbreitetem Unverständnis für die verfassungsmäßigen Aufgaben der bewaffneten Macht der Republik Österreich.
Wie werden Sie Ihren politischen Beitrag dazu leisten, dass die österreichische Bevölkerung die sicherheitspolitischen und staatspolitischen Notwendigkeiten zum Schutz und Erhalt eines souveränen Staates in allen Krisen verstehen und mittragen kann?

Frage 2: Gemäß Verfassung sind, über die militärische Landesverteidigung hinaus, auch der Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit sowie der Schutz der demokratischen Freiheiten der Einwohner und das Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren Aufgaben des Bundesheers.
Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass das Bundesheer seine primären und sekundären Aufgaben sowohl personell als auch materiell, dem internationalen Standard entsprechend, erfüllen kann?

Frage 3: Das österreichische Wehrbudget ist – mit leichten Schwankungen – von 1,4 % des BIP im Jahre 1982 bis zum Jahre 2017 auf 0,6% gesunken. Die dadurch entstandenen Defizite brauchen dringend eine Anschubfinanzierung und ein kontinuierliches Budget von zumindest 1% des BIP (Bundesheerreformkommission 2010).
Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Sicherheit Österreichs, soweit sie vom Bundesheer zu tragen ist, ausreichend finanziert wird?

 

Antworten der Spitzenkandidaten:

Bild: SPÖ

Mag. Christian Kern (SPÖ)

Antwort 1: Es ist unbestritten, dass sich die sicherheitspolitische Lage in Österreich und Europa in den letzten Jahren grundlegend gewandelt hat. Ich denke hier nur an die Migrationskrise, Cyberbedrohungen oder die Gefahren durch den Terrorismus. Ich vertrete eine Politik, die den Menschen die Bedeutung der Sicherheitspolitik bewusst macht und ehrlich damit umgeht.
Es ist allerdings auch notwendig, wenn Problemlagen benannt worden sind, entsprechende Lösungen anzubieten. Dazu ist es auch notwendig, den Menschen zuzuhören, ihre Ängste und Anliegen auf- und ernst zu nehmen. Jedenfalls muss es das Ziel einer verantwortungsvollen Politik sein, Ängste nicht zu schüren. Um zu tragfähigen und nachhaltigen Lösungen zu kommen, bedarf es die Mitwirkung von Experten und selbstverständlich die Bereitstellung von Ressourcen zur Aufgabenerfüllung.

Antwort 2: Das österreichische Bundesheer hat viele Fähigkeiten und Kompetenzen, die nicht nur erhalten, sondern auch immer wieder dem neuesten Stand angepasst werden müssen, um die sicherheitspolitischen Herausforderungen bewältigen zu können. Das österreichische Bundesheer hat derzeit ungefähr 1.100 Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz und etwa 1.000 im Assistenzeinsatz an der Grenze. Verteidigungsminister Doskozil hat in den letzten beiden Jahren umfangreiche Reformen durchgeführt: eine neue Struktur, die mehr Effizienz im Einsatz bringt, eine Personaloffensive, Investitionen in Ausrüstung (und damit
in die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten) und Infrastruktur und vieles mehr. Aus meiner Sicht gilt es dabei, diesen erfolgreich eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Nicht als Selbstzweck, sondern weil es um die Sicherheit der Menschen in Österreich geht.

Antwort 3: Ich bin der festen Überzeugung, dass uns Sicherheit etwas wert sein
muss. Mir ist auch bewusst, dass Sicherheit etwas kostet. Wichtig ist es, klar
festzulegen, wo die Aufgaben des Bundesheeres liegen, welchen
Herausforderungen wir uns derzeit und künftig stellen müssen. Dann wird man
diese Analyse als Grundlage verwenden müssen, um die dafür notwendigen
finanziellen Mittel zu bekommen. Dieses Prinzip wurde zum Teil auch schon beim
derzeitigen Bundesheer-Budget angewandt. Diesen Weg sollten wir konsequent
weitergehen und dann bin ich auch überzeugt davon, dass die Österreicherinnen
und Österreicher uns dabei unterstützen werden.

 

Bild: ÖVP

Sebastian Kurz (ÖVP)

Antwort 1: Als Garant für die Sicherheit der Bevölkerung ist uns das Österreichische Bundesheer für die Bewältigung aller aktuellen und zukünftigen Herausforderungen von außen oder aus der Luft wichtig. Wir brauchen dazu sowohl eine starke regionale als auch überregionale Komponente bestehend aus Allgemeiner Wehrpflicht, Präsenz- und Milizeinheiten und eine leistungsfähige Luftraumüberwachung. Wenn das ÖBH auch in Zukunft seine Leistungen erbringt, ist auch die Bevölkerung so wie bisher von der Sinnhaftigkeit des Österreichischen Bundesheeres überzeugt. Auf den verschiedenen politischen Ebenen werden wir uns jedenfalls für ein positives Image des Bundesheeres einsetzen!

Antwort 2: Die Fähigkeiten des Österreichischen Bundesheeres sind weiter zu entwickeln und zu stärken. Das ist für einen neutralen Staat in diesen unruhigen Zeiten von besonderer Bedeutung. Im Sicherheitsbereich verfügen wir über geeignete rechtliche Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit des Bundesheeres mit anderen Blaulichtorganisationen. Für die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen wollen wir das System der Zusammenarbeit auf höchster staatlicher Ebene weiterentwickeln. Darüber hinaus ist die Kooperation sowohl zum Schutz der europäischen Außengrenzen als auch im Rahmen des internationalen Krisenmanagements im Verbund mit unseren Partnern zu fördern. Wesentlich ist jedenfalls, dass die personelle und materielle Ausstattung des Österreichischen Bundesheeres sichergestellt ist.

Antwort 3: Wir stehen zu einer angemessenen Ausstattung des ÖBH mit Finanzmitteln, um die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen voll umfänglich bewältigen zu können! Wesentlich ist, ein vertretbares Verhältnis zwischen Aufgabenerfüllung und Risiko sicherzustellen. In diesem Sinne ist die Landesverteidigung für die höchstmögliche Risikoabdeckung budgetär auszustatten! Das bedeutet für uns, dass Personal, Material und Betrieb zur umfassenden Aufgabenerfüllung auf Basis des gesetzlichen Rahmens finanziell ausreichend zu dotieren ist.

 

Bild: FPÖ

Heinz-Christian Strache (FPÖ)

Antwort 1: Die FPÖ bekennt sich uneingeschränkt zur umfassenden Landesverteidigung und zum Österreichischen Bundesheer als Träger der militärischen Landesverteidigung.
Die Sicherheit unserer Heimat in allen möglichen Bedrohungslagen erzwingt einen gesamtstaatlichen Ansatz. Dieser war bereits im Rahmen der Umfassenden Landesverteidigung (ULV) vorhanden. Der Geist und die Grundsätze der ULV sind im Rahmen der umfassenden Sicherheitsvorsorge (USV) wieder zu beleben und fortzuschreiben. Dazu gehört auch wieder eine verpflichtende Unterrichtseinheit an den Schulen zur Bewusstseinsbildung. Alle sicherheits-/verteidigungspolitischen Grundsatzdokumente der Republik sind den heutigen Herausforderungen anzupassen. Das Österreichische Bundesheer braucht für die weitere Entwicklung klar erkennbare und realisierbare Ziele.

Antwort 2: Als erstes ist die nachhaltige Erhöhung des LV-Budgets auf mindestens 1 % des BIP notwendig. Ein weiter Punkt ist, endlich eine Konsolidierungsphase einzuleiten, statt Dauerreformen zu Lasten der Bediensteten und der Einsatztauglichkeit. Die Kernfähigkeiten der Streitkräfte, die schweren Waffen und die Waffengattungen wurden auf ein Niveau heruntergefahren, welches durch langfristige Maßnahmen und Beschaffungen wieder gehoben werden muss. Dazu gehört auch die Verstärkung der Übungstätigkeiten inklusive verpflichtender Milizübungen. Weiters stehen wir für die personelle und materielle Stärkung der Truppe, für die Modernisierung der Ausbildung und für durchsetzungsstarke gut ausgerüstete Milizkräfte. Die Verbesserung von Berufsbilde und Besoldung von Soldaten und Grundwehrdienern runden diesen Bereich ab.

Antwort 3: Wir fordern die jährliche nachhaltige Erhöhung des LV-Budgets auf mindestens ein Prozent des BIP. Nur wenn dies über mehrere Jahre erzielt wird, wird das Bundesheer seine Aufgaben erfüllen können. Zusätzlich dazu bedarf es zur Beschaffung der notwendigen Ausrüstung, speziell auch des Fuhrparks und der Bautätigkeit einer Anschubfinanzierung. Weiters fordern wir eine „echte“ Budgethoheit, welche bedeutet, dass sämtliche im Bundesvoranschlag vorgesehene Budgetmittel uneingeschränkt verwendet und angesparte Rücklagen in den Folgejahren ohne aufwendige Prüfung durch das BMF entnommen werden können. Sicherzustellen wäre auch die Personalhoheit des Ressorts. Das bedeutet, dass auf Basis des Personalplanes die Personalstruktur und der Organisationsplan selbstständig ohne Mitwirkung des Bundeskanzleramtes gestaltet werden kann.

 

Bild: Die Grünen

Mag. Ulrike Lunacek (Die Grünen)

Antwort 1: Durch den Austausch mit Bürger/inne/n, Medienarbeit, diverse parlamentarische Initiativen u.ä. versuchen wir Grüne bereits seit Langem unsere Vorstellungen eines modernen Bundesheeres zu vermitteln, so etwa im Vorfeld der Volksbefragung zur Wehrpflicht 2013. Diese Arbeit werden wir selbstverständlich in der kommenden GP fortsetzen und intensivieren.

Antwort 2: Wir Grüne anerkennen die Verdienste des österreichischen Bundesheeres beim Katastrophenschutz und der humanitären Hilfe. Allerdings ist das es noch immer für den Kalten Krieges aufgebaut und strukturiert. Wir sind jedoch überzeugt, dass sich die Aufgaben und Szenarien des Bundesheeres im 21. Jhd. grundlegend geändert haben. Daher muss das Bundesheer reformiert werden, um auch für die Einsätze der Zukunft gerüstet zu sein:

  • Neue Sicherheitsdoktrin
  • Neuordnung der Verhältnisse der EU zu den USA. Dazu bedarf es der
  • Rationalisierung der europäischen Verteidigungspolitik; nationale Armeen spezialisieren sich, unter Beibehaltung der Neutralität (Bündnis- und Kriegsbeteiligungsverbot).
  • 6000 spezialisierte Berufssoldat/inn/en sollen sich an polizeiartigen UN-Einsätzen zur Friedenssicherung und Katastrophenhilfe beteiligen.
  • Abschaffung der Wehrpflicht – wehrpflichtige sind für internationale Einsätze nicht verwendbar.

Umrüstung des Katastrophenschutzes nach Vorbild des Technischen Hilfswerks der BRD.
Die künftigen ZeitsoldatInnen brauchen vor allem eines: eine berufliche Lebensperspektive.

Antwort 3: Durch diese Reformpläne (Anm. der Red.: wäre eine starke Reduktion der Ausgaben möglich. Das erlaubt einerseits die Kosten für das Bundesheer wesentlich zu senken. Anderseits ist es dank der freiwerdenden Geldmittel möglich, die weiterhin bestehenden bzw. neu zu schaffenden militärischen Einheiten mit ausreichend finanziellen Mitteln auszustatten, um eine moderne, sich an den Bedürfnissen der Soldat/inn/en und ihren Aufgaben orientierende Ausrüstung und Infrastruktur, sowie eine leistungsgerechte Entlohnung unserer Soldat/inn/en zu gewährleisten.

 

Bild: NEOS

Mag. Dr. Matthias Strolz (NEOS)

Antwort 1: Kritik am Bundesheer muss in jedem Staat möglich sein und auch angenommen werden. Allerdings ist ein fehlender Bezug der Bevölkerung und auch von Politikern zur Verteidigungsarchitektur eines Landes sehr wohl ein Problem. Wir NEOS sehen das Bundesheer als Garant für den Schutz und Erhalt des österreichischen Staates mit klar umrissenen Aufgaben an. Wichtig ist dabei, dass Polizeiaufgaben nicht mit den Kompetenzen des Bundesheers vermischt werden. Zusätzlich wird sich auch die Rolle des Bundesheeres im europäischen Kontext verändern, was eine Bewusstseinsbildung bei der Bevölkerung umso notwendiger macht. Diese – früher „geistige Landesverteidigung“ genannte – Aufgabe müssen wir in einer neuen Form der politischen Bildung – unter Einbeziehung neuer Medien – auf eine neue Basis stellen.

Antwort 2: NEOS setzen sich seit dem Beginn der Parlamentsperiode für ein Bundesheer ein, das seine primären und sekundären Aufgaben sowohl personell als auch materiell, dem internationalen Standard entsprechend, erfüllen kann. Das Personal stellt die wichtigste Ressource des Bundesheeres dar. Es ist notwendig, Kadersoldat_innen ein attraktives Berufsangebot zu machen, das eine angemessene Bezahlung, attraktive Aus- und Weiterbildungsangebote und zeitlich sinnvoll befristete Verträge beinhaltet. Bei den knappen finanziellen Mitteln ist es sinnvoll, den Schwerpunkt auf die Ausbildung zu legen. Allerdings müssen wir diese besser ins europäische Umfeld einbetten – mit dem Ziel EU-weit gleicher Standards, um europäische Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich zu vereinfachen. Auch vermehrte Teilnahme an internationalen Übungen und Ausbildungsgängen erscheint uns dabei sinnvoll.

Antwort 3: Österreich ist EU-weit bei den Rüstungsausgaben mit 0,6% des BIP auf dem viertletzten Platz. Um unser Bundesheer zu einem noch einsatzfähigeren und modernen Heer zu machen, wird es erforderlich sein, mehr Mittel aufzuwenden. Dazu gehört auch, dass wir jene Mittel, die bisher ins Bundesheer investiert wurden, effektiver nutzen müssen. Momentan ist die Verteidigungspolitik innerhalb der Europäischen Union sehr ineffizient und ineffektiv organisiert. Wir kaufen alles 27 (bzw. vor Brexit 28) Mal. Ein kleines Heer wie das Österreichische müsste nicht für jede Eventualität in einer Gefechtssituation zu 100 Prozent ausgerüstet sein, wenn die europäische Arbeitsteilung verbessert wird und funktioniert. So werden Mittel frei, die wir dafür einsetzen können, uns auf unsere militärischen Stärken zu konzentrieren.

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