Plattform Wehrhaftes Österreich

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VII. Tag der Wehrpflicht – „Umfassende Landesverteidigung – Die umfassende Antwort auf moderne Bedrohungen“

Alljährlich lädt die Plattform Wehrhaftes Österreich am 20. Jänner zum Tag der Wehrpflicht; dieses Jahr zum Thema „Umfassende Landesverteidigung“. Im mit über 350 Personen wieder voll besetzten Festsaal des Hauses der Industrie am Schwarzenbergplatz wurde an das Thema des letzten Tags der Wehrpflicht „Hybride Bedrohungen“ angeschlossen und in einen interministeriellen Kontext gesetzt. „Denn komplexe, hybride Bedrohungen brauchen auch komplexe – das heißt gesamtstaatliche – Antworten“, führte Brigadier Mag. Erich Cibulka, Vorsitzender der Plattform, in seiner Einleitung aus. Die „Umfassende Landesverteidigung“ ist eine gesamtstaatliche Aufgabe, deren Teilbereiche – die Militärische, Zivile, Wirtschaftliche und Geistige Landesverteidigung – in die Verantwortung mehrerer Ministerien fallen. In diesem Sinne versammelten sich am Podium hochrangige Vertreter aus mehreren Ministerien, sowie „Praktiker“ aus einer Bezirkshauptmannschaft und einer Rot-Kreuz-Bezirksstelle.

20 01 2020, Umfassende Landesverteidigung

© Foto Möseneder

Der Tag der Wehrpflicht als etablierte Veranstaltung

Besonders erfreulich war wieder die Anwesenheit vieler hochrangiger Vertreter aus Politik, Militär und Zivilverwaltung. Allen voran beehrte die erst kürzlich angelobte Bundesministerin für Landesverteidigung, Mag. Klaudia Tanner (die selbst ein Mitglied einer Teilorganisation des Dachverbandes ist), die Plattform mit einem ihrer ersten öffentlichen Auftritte.

20 01 2020, Umfassende Landesverteidigung

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Des Weiteren waren alle Wehrsprecher der im Parlament vertretenen Parteien anwesend, namentlich NAbg Mag. Michael Hammer (ÖVP), NAbg Robert Laimer (SPÖ), NAbg Brigadier Dr. Reinhard Bösch (FPÖ), NAbg David Stögmüller (Grüne) und NAbg Hoyos-Trauttmansdorff (Neos), sowie weitere aktive und ehemalige Politiker. Nicht zuletzt fanden sich neben dem Chef des Generalstabes, General Mag. Robert Brieger, viele weitere hochrangige Offiziere des Bundesheeres ein.

„Eine Ehre, beim Tag der Wehrpflicht sprechen zu dürfen“

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In ihren Grußworten lobte die Bundesministerin für Landesverteidigung das Engagement der Plattform und sprach den Funktionären ihren persönlichen Dank für die Gründung des Dachverbandes aus, der auch aus ihrer Sicht maßgeblich am Erhalt der Wehrpflicht in Österreich beigetragen hat: „(Das war) ein ganz entscheidender Moment in der österreichischen Sicherheitspolitik“, wie sie betonte, „denn ohne Wehrpflicht wäre das Bundesheer handlungsunfähig.“ Es sei ihr deshalb eine große Ehre, am Tag der Wehrpflicht sprechen zu dürfen.

Sie unterstrich in ihren Ausführungen, dass in der Bevölkerung ein stärkeres Verständnis für die Notwendigkeit der Wehrpflicht und des damit verbundenen Milizsystems geschaffen werden müsse. „Der Grundwehrdienst ist die Basis unseres Bundesheers. Ohne Grundwehrdiener gibt es keine Kadersoldaten und keine Miliz“, hielt sie fest. Hinsichtlich der Miliz strebt sie an, dass die verfassungsmäßige Struktur des Bundesheeres in Form eines Milizsystems wiederhergestellt werden, sowie eine ausreichend personelle und materielle Ausstattung der Miliz erfolgen muss. Nicht zuletzt betonte sie: „Wir müssen auch dafür sorgen, dass die Miliz wieder zum Üben kommt.“

Als positiv können ihre Forderung nach der Einführung neuer Tauglichkeitskriterien, der Weiterführung internationaler Friedenseinsätze und die Vertiefung der Fähigkeiten in den Bereichen Drohnenabwehr und Schutz kritischer Infrastruktur – auch in Form gemeinsamer Projekte auf EU-Ebene – gesehen werden. „Das Bundesheer muss auch zukünftig unser aller Sicherheitsgarantie sein“, hob sie hervor.

Erwartungsgemäß musste die Verteidigungsministerin mitteilen, dass sie noch keine Antworten auf budgetäre Fragen geben könne. Dem wachen Leser des Regierungsprogrammes verschließt sich ohnehin nicht die unübersehbare Minderpriorisierung wehrpolitischer Notwendigkeiten. So kann man lesen: „Die finanzielle Situation und der Zustand des Bundesheers erfordern neue Konzepte (…). Daher müssen auch die Aufgaben, Strukturen und Mittel der Landesverteidigung (…) neu gestaltet werden.“ – das heißt, dass nicht die Herausforderung das notwendige Budget bestimmen, sondern das vorhandene Budget den Rahmen der Möglichkeiten begrenzt, bzw. wie es die Bundesministerin notgedrungen formulierte: „Es wird eine Notwendigkeit sein, die Aufgaben des Bundesheeres nach der Einsatzwahrscheinlichkeit zu reihen und die dafür erforderlichen Strukturen zu ‚verbessern‘.“

Im anschließenden ersten Teil des Abends vermittelten hochrangige Vertreter aus dem Verteidigungs-, Wirtschafts-, Innen- und Bildungsministerium die Facetten der Umfassenden Landesverteidigung (ULV) aus ministerieller Sicht.

Konzeptionelle und rechtliche Rahmenbedingungen der ULV

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Der Generalsekretär der Plattform, MinR Dr. Peter Fender, führte zunächst in die konzeptionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen der ULV ein, dessen Grundgedanke ein integrierter Ansatz aus militärischer Landesverteidigung, Zivilschutz, Versorgungssicherheit sowie Stärkung des Widerstandswillens – heute zusammen alsnResilienz bezeichnet – ist. Dieses Konzept war keine allein österreichische Innovation. So wurde dieser Ansatz in der Schweiz „Totalverteidigung“; in Schweden und Finnland „Gesamtverteidigung“ genannt.

Bezeichnend ist die sich historisch lang verschleppende Finalisierung des Konzepts:

  • 1957: Erste konzeptionelle Überlegungen im Form einer Regierungserklärung.
  • 1962: Ministerratsbeschluss über die Organisation der ULV.
  • 1975: Verankerung der ULV in der Bundesverfassung und Beschluss einer Verteidigungsdoktrin.
  • 1983: Verfügung des Landesverteidigungsplanes, in dem sich detaillierte Handlungsanweisungen für alle Bereiche der ULV befinden.

Die Ziele der ULV sind:

  • die Unabhängigkeit nach außen und
  • die Unverletzlichkeit und Einheit des Bundesgebietes zu bewahren.
  • Aufrechterhaltung und Verteidigung der immerwährenden Neutralität.
  • Verteidigung der verfassungsmäßigen Einrichtungen und deren Handlungsfähigkeit sowie die demokratische Freiheit der Einwohner vor gewaltsamen Angriffen von außen.

Die ressortmäßige Zuweisung der Aufgaben der ULV entspricht:

  • Militärische Landesverteidigung: Verteidigungsministerium.
  • Geistige Landesverteidigung: Bildungsministerium.
  • Zivile Landesverteidigung: Querschnittsmaterie, insb. jedoch das Innenministerium.
  • Wirtschaftliche Landesverteidigung: Wirtschaftsministerium.

Die rechtlichen Grundlagen zur Umsetzung der ULV finden sich in mehreren Rechtsquellen, wie dem Völkerrecht, Verfassungsrecht und etlichen einfachgesetzlichen Bestimmungen. Besonders hervorzuheben sind unter anderem die Möglichkeit der Assistenzleistung für zivile Behörden durch das Bundesheer, das Notverordnungsrecht des Bundespräsidenten (als Möglichkeit der Abänderung einfacher Gesetze in Krisenzeiten), die Notkompetenz der Landeshauptleute (Wahrnehmung der Kompetenzen des Bundes bei dessen Ausfall – was gerade in Zeiten der Volldigitalisierung bei einem Blackout von aktueller Bedeutung sein kann).

Da erst durch eine entsprechende personelle Absicherung das notwendige Durchhaltevermögen im Krisenfall garantiert werden kann, können staatliche Stellen neben den Öffentlich Bediensteten, Freiwilligen, Grundwehrdienern/Zivildienern und Milizsoldaten auch auf 1,8 Mio. Heeres- sowie 300.000 Zivildienst-Reservisten zurückgreifen. „Man muss es nur materiell und organisatorisch vorkehren. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind da“, schloss Fender.

Versorgungssicherheit im Krisenfall

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Die Wirtschaftliche Landesverteidigung garantiert die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Produkten im Krisenfall (vor allem Lebensmittel und Energie) und die Bereitstellung der erforderlichen Güter für die Verteidigung. Aus dem Wirtschaftsministerium führte daher Sektionschef Mag. Georg Konetzky in diese Thematik ein, die vor allem auf Grund eines stark vernetzten und hoch mobilen Wirtschaftslebens vor komplexen Herausforderungen steht.

Die rechtlichen Grundlagen sind insbesondere die so genannten „Lenkungsgesetze“, die eine staatlich kontrollierte Verteilung fast aller Produkte, wie Lebensmittel, Trinkwasser, Saatgut, Futtermittel, Elektrizität, Erdölprodukte, flüssige und feste Brennstoffe, ermöglichen. Diese Lenkungsmaßnahmen können in Form von Geboten, Verboten und Anweisungen hinsichtlich Transport (va. Ein- und Ausfuhr), Lager, Bezug, Abgabe und Verwendung von Waren, bis hin zur notwendigen Beschlagnahme erfolgen. Diese Lenkungsmaßnahmen werden jedoch erst durch Verordnungen im konkreten Anlassfall definiert. Unternehmen haben sich im Krisenfall auch entsprechenden Meldeverpflichtung zu fügen.

Allen voran spielt aber die präventive Vorsorge im Vorfeld der Krisenbewältigung eine entscheidende Rolle. So sind Erdölunternehmen verpflichtet, Notstandsreserven in Höhe von 25% ihrer Vorjahresnettoimporte auf Lager zu halten (2019 ca. 2,76 Mio. Tonnen).

„Im Krisenfall bedarf es des Einsatzes aller staatlichen Instrumente, um einer Versorgungsstörung zu begegnen. Die dafür erforderlichen Rechtsgrundlagen sind vorhanden“, so Konetzky.

Komplexe Kompetenzverschränkungen als Herausforderung für die Zivile Landesverteidigung

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Die Zivile Landesverteidigung wurde von MinR Kurt Hager, Innenministerium, vertiefend dargestellt. Als Querschnittsmaterie umfasst sie sowohl Bundes-, als auch Länderkompetenzbereiche und fällt auf Bundesebene wiederum in den Aufgabenbereich vieler Ressorts. Sie besteht aus den beiden Säulen:

  • Zivilschutz, der sehr umfangreich ist und beispielsweise Selbstschutzmaßnahmen, Schutzraumbau oder Alarmdienste umfasst, und
  • Sicherung der Funktionsfähigkeit der staatlichen Organe und sonstiger Einrichtungen sowie der öffentlichen Ruhe und Ordnung.

Gesamtstaatlich betrachtet ist somit das Anwendungsfeld weit gestreut und integriert Bundes- und Landesbehörden, Gemeinden und privatrechtliche Organisationen. Hervorzuheben sind beispielsweise die Katastrophenschutzstrategien des Staatlichen Krisen- und Katastrophenschutzmanagements (SKKM), in dessen Rahmen Vertreter mehrerer Ministerien, Gebietskörperschaften und Blaulichtorganisationen eng zusammenarbeiten.

Hager führte aus, dass es im Lichte aktueller Herausforderungen (zB. Migration) gerade auf Grund dieser sehr komplexen, verwobenen Zuständigkeiten wichtig sei, die vorhandenen Sicherheitskonzepte stets weiterzuentwickeln, um so eine gesamtstaatliche Resilienz in allen Krisenfällen zu gewährleisten. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass sich die gegebenen staatlichen Mechanismen bei Eintritt einer neuartigen Herausforderung als unzureichend herausstellen könnten.

„Nicht genügend“ für die Geistige Landesverteidigung?

20 01 2020, Umfassende Landesverteidigung

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In der vom Parlament beschlossenen Verteidigungsdoktrin von 1975, sowie einem daran angelehnten Grundsatzerlass von 1978 wird festgehalten, dass es Aufgabe der Geistigen Landesverteidigung ist, in der Bevölkerung Verständnis für alle Bereiche der ULV zu stärken sowie das österreichische Volk in die Bereitschaft zu versetzen, auch unter Inkaufnahme von Opfern die demokratische Freiheit, Verfassungs- und Rechtsordnung sowie Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit des Staates zu verteidigen. Ebenso seien Fragen der zivilen Schutzvorkehrungen und wirtschaftlichen Vorsorgemaßnahmen relevante Themen der Geistigen Landesverteidigung.

Die Voraussetzungen dafür sind bereits in der Schule im Rahmen der politischen Bildung, Geschichte und Sozialkunde zu schaffen. Daneben besteht ein Programmauftrag des ORF (gem. ORF-G), Verständnis für die Fragen der Sicherheitspolitik und der ULV zu fördern, sowie die Pflicht in Krisen- und Katastrophenfällen Aufrufe und Anordnungen der Behörden jederzeit und unentgeltlich auszustrahlen.

Der vortragende Sektionschef Mag. Klemens Riegler-Picker, Bildungsministerium, unterstrich dies eingangs und betonte, es gehe um „unsere wunderschöne Heimat, deren Schutz auch unsere Aufgabe (des Bildungsministeriums, Anm.) ist im Sinne der Geistigen Landesverteidigung.“

Obwohl er meinte, dass „die Geistige Landesverteidigung und politische Bildung sehr stark in den Lehrplänen in Österreich verankert ist“, blieb er jedoch konkrete Maßnahmen zur Festigung dieses Verständnisses schuldig. Hingegen führte er aus, dass es unter anderem die Aufgabe der Schule sei, aus der Vermittlung von Humanität und Solidarität bei den Schülern Offenheit und Toleranz gegenüber Menschen zu wecken. Die Schüler sollen befähigt werden „in Friedensliebe an den gemeinsamen Aufgaben der Menschheit mitzuwirken.“

Er hob zwar hervor, dass das Bildungsministerium in Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsministerium die Geistige Landesverteidigung wieder stärker im Bildungssystem verankern wolle (unter anderem durch die Reaktivierung der Referenten für Geistige Landesverteidigung), fügte jedoch hinzu, dass er darunter auch Maßnahmen zur Deutschförderung, Klimaschutz und Weltoffenheit verstehe. Ob solche Ansätze die Verteidigungsbereitschaft im Konfliktfall umfänglich zur Geltung bringen werden bleibt fraglich.

Güterverteilung in der Krise praktisch nicht umsetzbar

20 01 2020, Umfassende Landesverteidigung

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Im zweiten Teil des Abends führte Hofrat Dr. Heinz Zimper, Bezirkshauptmann i.R. des Bezirks Baden, in die Schwierigkeiten der praktischen Umsetzung der ULV ein. So unterstrich er bereits eingangs: „Es gibt unheimlich viele Gesetze, unheimlich viele Gremien, die sich mit der Katastrophenbewältigung oder Vorsorgegedanken beschäftigen. Die Frage ist, wir wissen alle nicht, ob es funktioniert?“

Die rechtlichen Möglichkeiten erlauben grundsätzlich der Bezirksverwaltungsbehörde sehr rasch auf Krisen reagieren zu können. So erklärte er, dass sie als Sicherheitsbehörde zum Schutz der Bevölkerung jederzeit tätig werden kann – vor allem dann, wenn es anderen, zuständigen Behörden unmöglich geworden ist, zu handeln. Dafür udarf sie bis zu 100 Soldaten des ÖBH (auch unter Waffen) zur ersten allgemeinen Hilfeleistung solange anfordern, bis die zuständigen Stellen wieder einsatzfähig sind. Bei einem klassischen Katastrophenfall integriert dazu ein Bezirkslenkungsstab alle notwendigen Organisationen im Rahmen der Einsatzleitung.

Gravierende Lücken lassen sich jedoch im Bereich der Wirtschaftlichen Landesverteidigung erkennen. So sollen die vorhandenen Gesetze im Krisenfall durch konkrete Verordnungen des Wirtschaftsministeriums umgesetzt werden, wobei im Vorfeld dringend zu klärende Fragen offen sind: Welche Mittel stehen zur Umsetzung der Verordnung zur Verfügung? Dürfen Maßnahmen mit Gewalt durchgesetzt werden? Außerdem wurden bisher weitreichende Eingriffe in Grundrechte (zB. bei massenhafte Enteignungen) nicht verfassungsrechtlich ausjudiziert.

20 01 2020, Umfassende Landesverteidigung

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Daraus ergeben sich grundlegende Probleme. Die letzte Rationierung in Österreich geschah vor knapp 70 Jahren, mit der Konsequenz, dass die praktische Erfahrung fehlt, eine solche durchzuführen. Die auf allen Bezirkshauptmannschaften aufliegenden Bezugskarten sind teilweise aus den 1960ern, nicht Computer-basierend und wären händisch auszufüllen. Die auf Gemeindeebene einzuhaltenden Verfahrensabfolgen sind mittlerweile nicht mehr bekannt und würden das vorhandene Personal auch in zeitlicher Hinsicht überfordern, was in Krisen zu enormen Engpässen bei der Ausgabe führen würde.

Außerdem habe auch das Wirtschaftsleben gravierende Veränderungen durchlebt, wodurch die Verteilung von Gütern an Hand von Stempelkarten unzweckmäßig erscheint. So gibt es in überschaubarer Nähe keine Greißler oder direkt von Landwirten belieferte Wochenmärkte mehr, sondern große Supermarktketten, die auf Grund des just-in-time-Prinzips im Falle einer Krise ihrerseits mit Lieferengpässen konfrontiert sein und geschlossen bleiben könnten.

Zimper erkennt daher einen wichtigen Ergänzungsbedarf und appellierte eindringlich neue, vorbereitete Systeme zu etablieren, die computerunabhängig und schnell umsetzbar sind. Dafür sind notwendige Vorkehrungen zu treffen.

Sanitätsversorgung mit nur geringer Durchhaltefähigkeit

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Als zweiter „Praktiker“ am Podium präsentierte Landesrettungsrat Ing. Gernot Grünwald vom Rot-Kreuz-Bezirk Baden den strukturellen Zustand im Bereich der zivilen Sanitätsversorgung. Er betonte zunächst die wichtige Bedeutung der Zivildiener in der Einsatzorganisation, die neben den Freiwilligen die größte Stundenlast bewältigen. Im Falle einer Abschaffung der Wehrpflicht – und somit des Zivildienstes – würden nach aktuellen Verhältnissen in seinem Bezirk 50% der Leistungen des Roten Kreuzes nicht mehr erbracht werden können.

Mit 35.000 Ausfahrten pro Jahr allein im nördlichen Teilbezirk Baden ist zudem die Auslastungsgrenze der zurzeit aktiven Rot-Kreuz-Mitarbeiter bereits erreicht. Im Falle einer Krise würden sich jedoch die Einsätze voraussichtlich erhöhen, was die Kapazitäten überstrapazieren würde. Des Weiteren ist aus wirtschaftlichen Gründen die Ausstattung mit Ausrüstung und Fahrzeugen sehr knapp bemessen, weshalb Reserven als Vorsorge für Krisen de facto nicht vorhanden sind. Außerdem gibt es an den Dienststellen keine Treibstoffvorräte, und Lebensmittel für die Eigenversorgung reichen bloß für etwa 1-2 Tage. Nur eine von vier Dienststellen im Teilbezirk ist mit einem Notstromaggregat ausgestattet, und es gibt keine Schutzräume gegen ABC-Bedrohungen. Nicht zu zuletzt: Es ist kein Schutz vor Gewalt vorgesehen, weshalb sie in krisenhaften Zeiten auf Eskorten angewiesen sein könnten.

Die Durchhaltefähigkeit des zivilen Rettungssanitätswesens ohne Anschlussversorgung ist seiner Auffassung nach somit auf zwei bis drei Tage beschränkt.

Diskussion und Resümee

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Im Rahmen der anschließenden Diskussion wurde unter anderem die de facto nicht vorhandene Durchführung der Geistigen Landesverteidigung durch das Bildungsministerium kritisiert; auf die zum Teil hervorragende Logistik privater Unternehmen als mögliches Vorbild für staatliche Abläufe verwiesen und die große Bedeutung der jährlich einmal in Niederösterreich stattfindenden Katastrophenschutzübungen, sowie die einmal jährlich auf jeder niederösterreichischen Bezirkshauptmannschaft stattfindenden Stabsübungen betont.

Zum Abschluss unterstrich Brigadier Cibulka nochmals die Bedeutung eines gesamtstaatlichen Ansatzes in Form der ULV bei der Bewältigung einer Krise. Bedauerlicherweise mangelt es in vielen Bereichen an der praktischen Umsetzbarkeit, was sich nicht zuletzt an der nicht vorhandenen Einsatzfähigkeit eines jahrzehntelang kaputtgesparten Bundesheeres erkennen lässt. Um die im Rahmen des diesjährigen Tags der Wehrpflicht angesprochenen Defizite beheben zu können – und dadurch die Interoperabilität der Einsatzorganisationen sowie Handlungsfähigkeit aller relevanten Behörden sicherzustellen -, tritt auch die Plattform Wehrhaftes Österreich für eine interministerielle Weiterentwicklung der ULV ein.

„Dazu muss jedoch das Bundesheer in der Lage sein, seine Säule der militärischen Landesverteidigung abzudecken. Daher braucht es vor allem ein klares Bekenntnis zu einem ausreichenden Bundesheerbudget“, schloss Cibulka.

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